Im wahrsten Sinne des Wortes nannte Sabine Schultes das Thema „brandaktuell“. Die CSU-Ortsvorsitzende warnte in ihrem Vorwort vor Vorurteilen oder gar Hassparolen gegen die Fremden. „Versachlichung durch Information tut not“, bemerkte die Versammlungsleiterin, die in Gesprächen immer wieder feststellt: „Geht es um Asylanten, ist Schluss mit lustig“. Schultes plädierte deshalb für eine faire Diskussion und eine offene Problemdarstellung. Diese Aufgabe bewältigte der Referent souverän. Michael Schiller vom Sachgebiet Sozialwesen beim Landratsamt in Neustadt/WN. vermittelte den Zuhörern die aktuelle Situation der Asylbewerber- und Flüchtlingswelle im Landkreis. Zu allererst machte der Vertreter des Landratsamtes aber den Begriffs-Unterschied zwischen Flüchtling und Asylbewerber deutlich. Der Flüchtling unterscheide sich von einem Asylbewerber dadurch, dass sein Status als Flüchtling von einer nationalen Regierung anerkannt werde. „Ein Asylbewerber ist zum Unterschied eine Person, die internationalen Schutz sucht, ihn aber noch nicht bekommen hat“, klärte Schiller auf.
Von derzeit rund 650 Asylbewerbern im Landkreis ausgehend erläuterte der Referent der Versammlung zunächst die Grundlagen zur Verteilung auf die Bundesländer, Regierungsbezirke und Landkreise. Besonderes Interesse fand dabei das Prozedere der Verteilung auf Kreisebene. „Wir achten darauf, dass sich die Einwohnerzahlen einer Gemeinde und die Zahl der Asylbewerber in der Gemeinde in einem vernünftigen Verhältnis bewegen“, versicherte der Vertreter des Landratsamtes. Michael Schiller unterschied zwischen Standards, Zwangszuweisung und einem Notfallplan. „Ruckzuck haben wir eine Busladung Asylbewerber vor der Tür“, schilderte der Referent die reale Situation. „Montagsmeldung bei der Regierungsaufnahmestelle, telefonische Ankündigung und schon sind die Leute vor dem Landratsamt“, so laufe das. Keine Rücksicht auf fehlende Unterkünfte nehme die Regierung bei der sogenannten Zwangszuweisung. Nach zum Teil nur mündlicher Ankündigung folge das Absetzen der Asylbewerber vor dem Amt in Neustadt. Das Sozialamt müsse sich dann eigenständig um die Unterbringung kümmern.
„Mit noch härteren Bandagen ist zu rechnen“, prophezeite Michael Schiller, wenn der Notfallplan der Regierung in Kraft treten sollte. Es „blühe“ dann die Belegung von Turnhallen, der Aufbau von Wohncontainern und Thermozelten und eine Unterbringungswelle in dezentralen Unterkünften.
Nicht fehlen durfte die Aufzählung staatlicher Leistungen. Michael Schiller verwies auf die Sachleistung der Unterkunft einschließlich aller Nebenkosten, auf Geldleistungen für den „notwendigen Bedarf“ bei dezentraler Unterbringung, auf den Bargeldbedarf (Taschengeld) und auf sogenannte Bildungs- und Teilhabeleistungen. Die Barleistung summiere sich für einen Alleinstehenden auf 352 Euro monatlich. Der Partner habe Anspruch auf 316 Euro. Kinder erhalten 244 Euro, ab dem 15. Lebensjahr 277 Euro.
Ein Blick in das Asylbewerber-Leistungsgesetz verdeutlicht die Barzuwendungen mit zwei Beispielen: Eine Familie (2x 316 Euro) mit drei Kindern (3x277 Euro) erhält eine monatliche Barentschädigung von 1.463 Euro. Hinzu komme ein zusätzlicher Anspruch auf freie Unterkunft und Hausrat einschließlich Nebenkosten als Sachleistung, rechnete Schiller vor. Im Beispiel 2 wird einem kinderlosen Paar eine Barauszahlung von 632 Euro monatlich zuzüglich freier Unterkunft garantiert. Darüber hinaus sehe das Gesetz die kostenlose Behandlung bei akuter Krankheit, bei Schwangerschaft und Geburt einschließlich der Kostenübernahme aller Arzneimittel sowie weitere Sonderleistungen vor. Bei Anerkennung als Asylberechtigter greife ferner eine Fülle von Integrationsangeboten. Kritisch verglich ein Zuhörer das „üppige Unterstützungspaket“ mit der Einkommenssituation deutscher Rentner: „Viele Rentner haben weniger“!
Seit 1. März 2015 erleichtert eine Reform des Asylbewerber-Leistungsgesetzes die Bewegungsfreiheit der Asylsuchenden. Auch darauf verwies der Referent. Michael Schiller berichtete von Arbeitserleichterungen in bestimmten Fällen und von der Lockerung der Residenzpflicht. „Arbeitsmöglichkeiten bestehen nun schon nach einer Aufenthaltsdauer von drei Monaten“. Schiller verwies auch auf die Möglichkeit, die Asylbewerber für gemeinnützige Arbeiten einzusetzen. Die festgelegte Entschädigung betrage 1,05 Euro je Stunde. Nach drei Monaten Aufenthaltsdauer erlaube das Gesetz eine Reisemöglichkeit in ganz Deutschland. Bisher sei der Aufenthalt auf den Regierungsbezirk begrenzt gewesen. Mit Hinweisen des Sozialhilfe-Experten auf die finanzielle Unterstützung ehrenamtlicher Hilfe , zum Beispiel in Form von Wegstreckenentschädigungen, nicht jedoch für Einkaufsfahrten und bei Arztbesuchen, endete der aufschlussreiche Vortrag.
Die folgende Diskussion war kurz. Peter Nasser bedauerte die mangelnde Information der Bevölkerung vor und nach dem Eintreffen der Asylbewerber und Flüchtlinge in Eschenbach. „Ohne Aufklärung hapert die Willkommenskultur“, befürchtet der Kreis- und Stadtrat. Dolores Longares-Bäumler, Migrationsberaterin der Caritas empfahl aus Erfahrungen in Bayreuth, in den Gemeinden rechtzeitig eine Helferkultur zu bilden. Dazu wären eine zeitige Aufklärung und Versammlungen hilfreich, befand die Expertin.
Bürgergespräch zum Thema Asyl
- Geschrieben von Super User